Dieses prächtige Möbel, eine sogenannte Frontstollentruhe, stammt aus der Mitte des 16. Jahrhunderts. Stollen heißen die aufrecht stehenden Bretter an Vorder- und Rückfront, die Teile des Korpus sind und gleichzeitig die Beine des Möbels bilden. Reich dekorierte schmiedeeiserne Bänder umklammern das Möbel auf allen Seiten und festigen die Konstruktion. Lange Zeit waren Truhen die gebräuchlichsten Möbel überhaupt. Sie ließen sich relativ einfach herstellen und boten, je nach Größe, Platz für Textilien, Hausrat, Nahrung, Dokumente und Wertgegenstände. Zudem waren sie leicht zu transportieren und wurden auch als Sitzgelegenheit, Ablage oder Tritt benutzt. Bis zum Mittelalter befanden sich in den Haushalten noch verhältnismäßig wenige Einrichtungsgegenstände. Mit dem wachsenden Wohnkomfort auf Burgen und Schlössern und dem steigenden Wohlstand der Bürger wuchs das Bedürfnis nach mehr und eindrucksvolleren Möbeln. Auch diese Frontstollentruhe diente offensichtlich neben der Aufbewahrung vor allem der Repräsentation, was gut an dem prächtigen Eisenschmuck zu erkennen ist. Die seitlichen Stollen sind mit zwei Portraitmedaillons geschmückt. Sie könnten ein Indiz dafür sein, dass es sich um die Hochzeitstruhe eines wohlhabenden Paares handelte, die als Teil der Aussteuer in deren Haushalt kam. Im Truheninnern befindet sich ein gesondert verschließbares Fach, in dem man kleinere Wertsachen sicher unterbringen konnte. Außen signalisiert ein aufwändiges Mittelschloss, dass ein Einbruch hier zwecklos ist.
Ankauf von Fritz Wulfhors, Gütersloh,1927
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