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Gedenkstätte Synagoge Baisingen Sammlung der Synagoge Baisingen [00001]
Gedenkstätte Synagoge Baisingen, Außenansicht (Kulturamt, Stadtarchiv und Museen, Rottenburg am Neckar CC BY-NC-SA)
Provenance/Rights: Kulturamt, Stadtarchiv und Museen, Rottenburg am Neckar / Steffen Schlüter (CC BY-NC-SA)
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Die Synagoge Baisingen

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Description

Nachdem Juden im 15. und 16. Jahrhundert aus dem Herzogtum Württemberg, aus Vorderösterreich und aus den Reichsstädten vertrieben wurden, konnten sie sich nur noch in einigen Gebieten niederlassen, die im Besitz von freien Reichsrittern waren. In Baisingen erlaubten die Schenken von Stauffenberg einigen jüdischen Familien die Ansiedlung, allerdings nur - wie überall üblich - gegen Bezahlung von Schutzgeldern.
Im Jahr 1782 genehmigte der Ortsherr, Reichsgraf Anton Schenk von Stauffenberg (1735-1803), die Errichtung einer Synagoge im Ort Baisingen. Der Bau der Synagoge erfolgte 1784. Sie wurde etwas versetzt in zweiter Reihe gebaut, da das Gebetshaus der Juden nicht in Konkurrenz zu kirchlichen oder herrschaftlichen Gebäuden treten sollte. Wie viele andere Dorfsynagogen ist auch das Gebäude in Baisingen von Zweckmäßigkeit geprägt: Ein rechteckiger Grundriss, zwei Geschosse und ein Walmdach. Alle Räume sind unter einem Dach vereint. Der Gebetsraum ist nach Osten ausgerichtet, denn die Betenden wandten sich nach Jerusalem. An der Ostwand befand sich der Thoraschrein, in dem sich das Wertvollste einer jüdischen Gemeinde befand: Eine von Hand geschriebene Thorarolle. Vom Thoraschrein existieren keine Beschreibungen oder Bilder, er wurde 1938 völlig zerstört.
Die blau bemalte und mit goldenen Sternen übersäte Kuppel wurde in einer Holz-/Lattenkonstruktion ausgeführt.

Die wachsende jüdische Gemeinde im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts machte 1837/1838 einen Umbau im Inneren der Synagoge erforderlich. Um mehr Plätze zu schaffen, wurden feste Bankreihen eingebaut. Für die Frauen wurde eine Empore an der West- und Nordwand eingezogen, zu der ein separater Eingang hinauf führte. Das Vorbeterpult („Bima“ oder „Almemor“ genannt) wurde mehr nach Osten vor den Thoraschrein gerückt, damit Rabbiner und Vorbeter die Gemeinde besser überschauen konnten. Dieser bauliche Zustand wurde in den folgenden Jahrzehnten nicht mehr verändert: Nach 1864 nahm in Baisingen die Zahl der jüdischen Mitbürger kontinuierlich ab, so dass die Synagoge ausreichend Platz bot.

Am 10. November 1938 fuhren 70 bis 80 SA-Leute aus Horb und Umgebung nach Baisingen. Sie wurden von einem SA-Führer in einer Rede aufgehetzt und brachen dann in die Synagoge ein. Sie schlugen alles kurz und klein, rissen die Bänke heraus und den Kronleuchter von der Decke. Der Thoraschrein wurde vollständig demoliert. Thorarollen, Gebetsbücher und alles Tragbare wurden vor der Synagoge verbrannt. Die Synagoge selbst wurde nicht abgebrannt, weil die umstehenden Häuser zu nahe standen.

Seit seiner Verwüstung in der Pogromnacht vom 9./10. November 1938 ist der Betsaal keine Synagoge mehr. Rechtsnachfolger der jüdischen Gemeinde Baisingen war die Israelitische Religionsgemeinschaft Württembergs. Diese verkaufte die ehemalige Synagoge 1940 an einen Landwirt aus der Nachbarschaft, der sie als Scheune nutzte. Dazu wurden die Fensteröffnungen der Ostseite vermauert und eine große Öffnung für ein Scheunentor eingebrochen, andere Fenster wurden vernagelt.

Als Scheune überdauerte der schlichte Bau unbeachtet die ersten Jahrzehnte der Nachkriegszeit. Erst Ende der 1970er Jahre wurde man auf die ehemalige Synagoge aufmerksam und 1984 wurde sie unter Denkmalschutz gestellt. 1988 erwarb die Stadt Rottenburg das Gebäude und eröffnete damit den Weg für die Erhaltung der Synagoge. Am 27. Januar 1989 gründete sich der Fördervereins Synagoge Baisingen, der die jahrelangen Sanierungs- und Restaurierungsmaßnahmen begleitete und zur Finanzierung beitrug. In den folgenden Jahren wurde das Gebäude in enger Abstimmung mit dem Landesamt für Denkmalpflege behutsam als Gedenkort restauriert. Die Spuren der Zerstörung sollten allerdings erhalten bleiben.

Am 8. November 1998 wurde die ehemalige Synagoge als Gedenkstätte mit einer Dauerausstellung zur jüdischen Gemeinde Baisingens feierlich eröffnet. Ehemalige Baisinger Juden aus Israel, England und der Schweiz nahmen auf Einladung der Stadt Rottenburg am Neckar, Landkreis Tübingen, daran teil.

Material/Technique

Stein/Holz

Literature

  • Franziska Becker (1990): Die nationalsozialistische Judenverfolgung in Baisingen. Rottenburg am Neckar
  • Hubert Krins (1995): Die Synagoge in Rottenburg-Baisingen, Ihre Rettung und Erhaltung. Stuttgart
  • Karlheinz Geppert (1990): Vom Schutzjuden zum Bürger. Aspekte zur Geschichte der Juden in Baisingen bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts. Rottenburg am Neckar
  • Karlheinz Geppert (2000): Jüdisches Baisingen. Einladung zu einem Rundgang. Rottenburg am Neckar
  • Sülchgauer Altertumsverein e.V. Rottenburg am Neckar (Hrsg.) (2009): Baisingen. Zeugnisse jüdischen Lebens. Rottenburg am Neckar
Map
Created Created
1784
Rottenburg am Neckar
Damaged Damaged
1938
Sturmabteilung
Rottenburg am Neckar
1783 1940
Gedenkstätte Synagoge Baisingen

Object from: Gedenkstätte Synagoge Baisingen

Die Synagoge Baisingen wurde 1784 errichtet und in der Pogromnacht vom 9./10. November 1938 im Inneren verwüstet. Der Betsaal wurde vom Feuer...

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