Zeichnung/Studie von D. Wohlgemuth

Die skizzenhafte Bleistiftzeichnung zeigt einen Soldaten bis zur Brust in Profil. Er trägt eine Mütze, sein Gesicht weist Furchen auf und seine Uniform ist im Ansatz erkennbar. Sein Rücken ist leicht gebeugt und ebenfalls der Kopf als auch die Augen etwas nach unten geneigt. Er raucht eine Pfeife. Diese Darstellungsweise ist eher unüblich. Anstatt mit stolzer, aufrechter Brust und festem Blick in Frontalansicht gezeigt zu werden, scheint dieser Soldat vom Krieg ausgemergelt und sich nachdenklich vom Betrachter abzuwenden. Es handelt sich um eine intime Perspektive, die sich auf das Innere des Soldaten fokussiert.
Die Zeichnung ist datiert mit „III/18“ (März 1918), „Daniel Wohlgemuth“, dem Namen des Künstlers, und „Haspres Frankreich“, dem Ort der Enstehung des Werkes. Der Pfälzer Künstler Daniel Wohlgemuth (1876-1967) zog 1917 als 41-Jährigen in den Krieg für Deutschland und war in den Regionen zwischen Deutschland und Frankreich stationiert. Bei der Person auf seiner Zeichnung könnte es sich um eine unbekannte oder aber eine konkrete Person in Daniel Wohlgemuths Kriegsumfeld wie einen Kameraden handeln. So oder so kann der Gezeigte für alle Soldaten und ebenso die Menschen in der Heimat stehen, die 1918 längst jede Begeisterung für den Krieg verloren hatten, große Verluste verzeichnen mussten und desillusioniert geworden war. Auch wenn diese Zeichnung 1918 entstand und die Soldaten zurück in der Heimat kaum über das Elend und den Tod in den Schützengraben sprechen konnten, spiegelt sie bereits einen Teil des fortwährenden kollektiven Gedächtnisses der Kriegsgeneration wieder.


Vanessa Velikonja