Der Holzschnitt "Glindow - Ziegeleien mit Wohnhaus" stammt von dem brandenburger Künstler Johannes Poesenecker (1897-1967). Er war in den 1920er Jahren in der Großen Berliner Kunstausstellung vertreten. Zu jener Zeit wandte er sich dem Expressionismus zu. Neben Grafiken mit sozialkritischen Themen widmete er sich in den folgenden Jahren intensiv den märkischen Ziegelorten, ihren Ringöfen und Bewohnern. Dem vorliegenden Holzschnittmotiv gingen sicher entsprechende Vor-Ort-Studien in Glindow voraus, dessen Seeufer noch vor einem Jahrhundert von Großziegeleien fast eingerahmt war. Mit expressionistischen Stilmitteln gelingt es dem Künstler, die seinerzeit wesentlichen Kennzeichen des Ortes Glindow auf einer kleinen Fläche von Postkartengröße kompakt zu verweben, ohne das Bild zu überfrachten: in einer feucht-moorigen Landschaft mit Schilf, Gras und schlammigem Weg steht zentral eine weiße Villa, eskortiert von zwei großen Ringöfen und von sich ihr zuneigenden Kiefern und Laubbäumen, gleichsam wie behütet. Im oberen Hintergrund reflektieren die Wellen des Sees das gegenüberstehende Sonnenlicht. Vergleicht man das Motiv mit dem Ort Glindow von heutzutage, dann sind zwar die im Ortskern gelegenen Ziegeleien verschwunden, aber das abgebildete Haus steht heute immer noch an der örtlichen Hauptstraße, ebenso wie sich der Weg noch zuordnen lässt und auch der viereckige große Turm im rechten Bildhintergrund mag einem heute noch vorhandenen Ziegel-Relikt entsprechen. Der Standpunkt des Künstlers beim Entwurf dieses Motivs lässt sich also orten. Der Druck des Motivs ist rückseitig mit Bleistift in das Jahr 1936 datiert, ist mit den ligierten Künstlerinitialen JP handsigniert, hat aber keine Druckfolgenummer, so dass es möglicherweise auch ein Erst- und absolutes Einzelexemplar sein kann.
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