Schon den antiken Autoren galt das im mittleren Peleponnes gelegene Arkadien als eine Gegend, in der sich die Bewohner durch Genügsamkeit und Tugendhaftigkeit auszeichneten. So ist auch die von ihnen verfasste Hirten- und Liebespoesie untrennbar mit der arkadischen Landschaft verbunden, die als ein "locus amoenus" (lieblicher Hain) beschrieben wurde. Durch Schriften Boccaccios, den Gelehrtenkreis um Lorenzo de Medici und Jacobo Sannazaro gewannen in der Renaissancezeit die Vorstellungen von Arkadien - als dem literarischen Hirtenland - wieder an Bedeutung. Eine Vorstufe Arkadiens ist dabei das "goldene Zeitalter", in dem bereits die Hoffnungen und Sehnsüchte der Menschen auf eine bessere Zeit erfüllt werden. In dieser Epoche erlebten Künste und Wissenschaften eine Blüte; Kriege, Not und Elend sind unbekannt. Gleich einem Paradies auf Erden leben in dieser goldenen Zeit die Menschen in Glück und Zufriedenheit. Es nimmt nicht Wunder, dass in der italienischen Renaissancemalerei derartige Darstellungen bald zu den beliebten Sujets gehörten. Auch der aus Antwerpen stammende Paolo Fiammingo widmete sich diesem Thema. Noch während seiner Ausbildung als Maler führten ihn Studienreisen nach Rom und Florenz. Schließlich war er seit 1573 in der Werkstatt Jacobo Tintorettos (1519-1594) in Venedig tätig. Neben einer Reihe von Auftragswerken für Kirchen arbeitete der wegen seiner Landschaftsmalerei anerkannte Fiammingo gemeinsam mit Tintoretto auch an großformatigen Gemälden für den Palazzo Ducale in Venedig. Um 1580 führte Fiammingo in Venedig eine eigene Werkstatt und beschäftigte Gesellen. In diesem Jahr übernahm er u.a. einen größeren Auftrag von Hans Fugger (1531-1598) für die Ausgestaltung von Schloss Kirchheim. Auch das Rudolstädter Gemälde entstand in dieser Zeit. Ganz dem Thema verpflichtet, blickt der Betrachter in einen Hain, der nach außen durch das dichte Laubwerk der Bäume abgeschirmt wird. Zwischen den Baumgruppen öffnet sich der Blick auf einen See, der am Horizont durch eine Bergkette von der Außenwelt abgeschlossen ist. In dieser idyllischen Landschaft bewegen sich göttlich anmutende nackte Frauen, Männer und Kinder. Während links eine im Spiel begriffene Dreiergruppe mit Putten zu sehen ist, rahmt ein weiblicher Rückenakt am rechten Bildrand die ganze Szenerie. Mittig, am unteren Bildrand, kauert eine mit Lendenschurz bekleidete männliche Figur. An diesem Gemälde zeigt sich anschaulich, wie es Fiammingo vermochte, die Technik der Niederländer mit der Farbskala der Venezianer zu verbinden. Neben dem in Rudolstadt vorhandenen Bild "Das goldene Zeitalter" - es lässt sich seit dem frühen 18. Jahrhundert auf der Heidecksburg nachweisen - müssen zwei ganz ähnliche Gemälde Fiammingos zu diesem Thema erwähnt werden. Das eine der Bilder befindet sich in der privaten Acton Collection in Florenz, das andere gehört zur Ausstattung des Schlosses Kirchheim. [Lutz Unbehaun]
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