Einer Familienüberlieferung zufolge gelangte der Willkomm in Form eines Adlers durch Katharina von Schwarzburg, die Heldenmütige, (1509-1567) im Jahr 1558 in den Besitz des Schwarzburger Grafenhauses. Das auch als "Goldene Henne" bezeichnete Trinkgefäß wurde seitdem Gästen, die zum erstenmal die Ehre hatten, an der gräflichen/ fürstlichen Tafel des Schlosses Schwarzburg Platz zu nehmen, als Willkommtrunk gereicht. Der Sitte entsprechend, musste das anderthalb Liter fassende, mit Wein gefüllte Gefäß in einem Zuge geleert werden. Ein dazugehöriges "Geschmeide", das aus einer Schwelle der Burgruine Greifenstein gefertigt und ursprünglich für ein anderes Trinkgefäß genutzt wurde, erhielt zur Belustigung der Gesellschaft der zum Toast Erwählte um die Schulter gehängt. Leider ist dieses als "Die Jungfrau" bezeichnete Scheitholz nicht mehr erhalten. Doch jeder Gast, dem die scherzhafte Ehre zuteil ward, ist noch heute anhand der drei überlieferten "Hennenbücher" namhaft zu machen. Der Willkomm wurde an seinem ursprünglichen Standort im Schwarzburger Schloss bei dem Brand von 1726 ziemlich stark beschädigt. Fürst Friedrich Anton von Schwarzburg-Rudolstadt (1692-1744) ließ ihn daraufhin von Emanuel Drentwet, einem Augsburger Goldschmiedemeister, 1731 restaurieren und ergänzen. Die vom Brand verschont gebliebenen Krallen, das Wappenschild und der Halsring, die von einem bisher nicht namhaft zu machenden Goldschmiedemeister Mitte des 16. Jahrhunderts gefertigt worden waren, fanden in dem von Drentwet nachgearbeiteten Stück Verwendung. Eindeutig sind dagegen der abnehmbare Kopf, der Korpus und die beiden Flügel anhand der Meisterzeichen als Arbeit des Augsburgers nachweisbar. Im Gegensatz dazu stehen die Beschauzeichen auf dem Objekt, die dem Augsburger Meister Bartholomäus Heuglin zuzuordnen sind. Da Drentwet erst ab 1737 als Beschaumeister tätig war, wird das Gefäß von Heuglin abgenommen und in diesem Zusammenhang mit seinem Zeichen versehen worden sein. Die nun separat präsentierte Bodenplatte weist mit ihrer Inschrift auf die wechselvolle Geschichte des Objektes. [Doreen Winker]
Meisterzeichen: ED (Goldschmidt Emanuel Drentwet, 1713-1753), Beschauzeichen: Bartholomäus Heuglin (1730-1742)
weitere Literatur: Zeitschrift des Münchener Alterthums-Vereins, München 1895.
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