Darstellung/Ikonographie: Das Epitaph stiftete Denicke noch zu Lebzeiten. Gemäß der verlorenen Inschrift des Konsolbretts geschah dies 1615. Es hat aber spätere Nachträge gegeben, denn es finden sich die Sterbeeinträge seiner Frau von 1631 und die Geburt seines fünften Sohnes 1633. Letzterer stammt demnach aus der Verbindung mit seiner zweiten Ehefrau Dorothea, geborene Kühne. Das Epitaph hat eine Gliederung, wie sie im frühen 17. Jahrhundert gebräuchlich war. Es besteht aus Sockelzone, Mitteltafel und Architrav, die Zierelemente weisen manieristischen Dekor auf, wie er seit dem Ende des 16. Jh. üblich war. So wird das Mittelbild von ornamentierten Renaissance-Pilastern umrahmt. Das schmuckreiche Rollwerk an den Flanken ist nur teilweise erhalten geblieben; der untere Abschluss, wohl ein Konsolbrett mit der Memorialinschrift, fehlt. Anstelle eines klassischen Giebels besitzt das Epitaph einen phantasievoll umrahmten, mit Voluten und Rollwerk geschmückten Aufsatz, der ein rundes Bildfeld enthält. Hier sieht man einen Engel, der die Wappenschilde mit den Wappen bzw. Hausmarken der Familien Denicke und Rodochs hält. Das Mittelbild zeigt das in evangelischen Epitaphien sehr verbreitete Bildthema „Lasset die Kindlein zu mir kommen“. Es bezieht sich auf ein neutestamentliches Ereignis, über das drei Evangelien berichten. Im Architrav wird das Markusevangelium zitiert (Mk 14,10). Indem sich Jesus der Kinder annimmt, wird deutlich gemacht, dass der Glaube ein Geschenk aus der Gnade Gottes ist, das keine Verdienste oder intellektuelle Leistungen erfordert. Alle Menschen sind in Gottes Reich willkommen. In der Sockelzone sind der Stifter Bartholomäus Denicke und seine erste Frau Anna Rodochs abgebildet. Sie werden begleitet von jeweils zwei noch lebenden Söhnen und Töchtern und zwei verstorbenen Söhnen. Ein Engel verweist die Familie auf den im Hauptbild gegenwärtigen Jesus Christus.
Zur Person/Familie: Von Bartholomäus Denicke sind zwei Epitaphe überliefert, ein weiteres ließ er kurz vor seinem Tod 1653 setzen (Inv-Nr: 7569). Denicke stammte aus Spandau, heute ein Stadtteil Berlins. Sein Vater Georg Denicke war dort Ratsherr (Senator), seine Mutter hieß Barbara Schulze. Bartholomäus Denicke schlug eine Verwaltungslaufbahn in Zittau ein, wurde 1615 in den Rat gewählt, später erhielt er den Vorsitz des Stadtgerichts. Bartholomäus ließ eine Leichenpredigt für seine verstorbene Ehefrau erstellen, die sich in der Christian-Weise-Bibliothek erhalten hat. Anna Rodochs ist die Tochter des Bürgermeisters David Rodochs (1532–1603). Dessen Mutter war Margarethe Krolaufft (1510–1584), Tochter des Bürgermeisters Michael Krolaufft des Älteren. Dessen Großmutter Agnes Lankisch (verheiratet mit Gregor Rodochs [1473–1537]), war die Schwester des Bürgermeisters Wenzel Lankisch (gest. 1537). Insofern hat Denicke in ein weitreichendes Familiennetzwerk eingeheiratet, als er 1595 Anna Rodochs zur Frau nahm. Diese war zu diesem Zeitpunkt bereits verwitwet. Ihr erster Ehemann war Gregor Arnsdorf, von 1560 bis 1591 Ratsmitglied, der um 1592 oder 1593 gestorben war. In der Sockelzone abgebildet sind zudem rechts und links jeweils zwei noch lebende Söhne und Töchter und zwei verstorbene Söhne, von denen einer, David Denicke, Jurist wurde und an den Hof des Herzogs von Braunschweig- Lüneburg ging, später wirkte er als Kirchenlieddichter in Hannover. Eine Tochter, Anna Maria, hat sich mit Bartholomäus oder Andreas Wintziger verheiratet. 1599 und 1611 starben jeweils zwei Kinder, allerdings sind die letzteren im Epitaph nicht mit roten Kreuzen versehen. In der Stadtchronik von Zittau ist 1599 von einer großen Seuche sowie 1611 von der „Hauptkrankheit“ (Gehirnentzündung, womöglich Typhus) und Pest die Rede (Chronik Zittau S. 248 bzw. 269). Denicke besaß einen Bierhof am Ring (Markt 11), sowie ein Gartengrundstück an der Lemmergasse (Komturstraße). Laut der Stadtchronik (S. 285) war er 1620 Hauptmann des Weberviertels.
Kommentar: Der künstlerische Aufwand ist für ein Epitaph eines Ratsmitgliedes eher bescheiden und bleibt hinter dem der größeren Handwerkerepitaphien zurück, auch wenn die ornamentalen Details des Rollwerkes qualitätvoll ausgeführt sind. Die Malerei ist von einfacher Ausführung, sie wurde vom vielbeschäftigten Maler geschaffen, der auch einige andere Epitaphien schuf. Reizvoll ist das Familienbild mit dem Engel in der Mitte.
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