Der Kleiderbügel aus Buchenholz ist bogenförmig geschnitten, unlackiert, mit einem einfachen geraden Metallhaken versehen und trägt den Werbeaufdruck „Albert Katzenstein, Castellaun“. Kleiderbügel waren übliche Werbeartikel der Geschäfte, die Kunden beim Kauf eines Produktes erhielten. Sie gehören heute zu den wenigen erhaltenen Sachzeugnissen aus den zerstörten und arisierten jüdischen Textilgeschäften. In der Sammlung der ehemaligen Synagoge Laufersweiler finden sich einige weitere Kleiderbügel aus jüdischen Geschäften der Umgebung.
Albert Katzenstein war Anfang des 20. Jahrhunderts aus Münden bei Hannover nach Kastellaun gezogen. 1902 heiratete er Jenny Rosenthal, nur ein Jahr später wurde ihr erstes Kind Ella geboren. Es folgten Otto (1904), Julius (1907), Gertrud (1913), Hildegard (1916) und Kurt (1919). 1905 erwarb die Familie Grundstücke mit einem Wohn- und Geschäftshaus in der Marktstraße. Bis 1939 betrieb Albert Katzenstein hier ein Manufakturwarengeschäft, das eine Möbelschreinerei mit einem elektrischen Betrieb und ein Möbellager einschloss als auch Fahrräder und Nähmaschinen zum Verkauf bot.
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten veränderte sich das Leben der Katzensteins. Der Aufruf zum Boykott jüdischer Geschäfte stellte die Familie vor finanzielle Probleme. Einen weiteren schweren Schlag bedeutete die Reichspogromnacht am 10. November 1938: Das Haus wurde beschädigt, Albert und Julius Katzenstein waren vier Tage in „Schutzhaft“ im Kastellauner Gefängnis, Kurt Katzenstein wurde in das KZ Buchenwald verschleppt.
Die Erfahrungen der Pogromnacht waren für die Kinder der Katzensteins der Anlass, um aus Deutschland zu emigrieren: Hilde wanderte im April 1939 nach England aus und lebte mit ihren Brüdern Kurt und Julius in Birmingham. Durch ihre Unterstützung konnten auch Otto und Gertrud wenig später vor Ausbruch des Krieges ein lebensrettendes Visum erhalten.
Albert Katzenstein bemühte sich indessen darum, seinen Besitz zu verkaufen. Eindringlich bat er eine Bekannte der Familie sein Grundstück zu übernehmen, da er nach Wiesbaden verziehen wollte, allerdings nicht über die nötigen finanziellen Mittel verfügte. Der Verkaufserlös wurde jedoch auf ein Sperrkonto eingezahlt, auf das die Familie niemals Zugriff erhielt.
Am 25. August 1942 erhielt Tochter Hilde eine letzte Postkarte von Albert und Jenny Katzenstein aus Wiesbaden mit der Mitteilung, dass sie „nächste Woche fortreisen“. Am 1. September wurde das Ehepaar nach Theresienstadt und von dort in das Vernichtungslager Treblinka deportiert und ermordet. Die älteste Tochter Ella Katzenstein, die nicht ohne ihre Eltern emigrieren wollte, wurde 1941 von Köln aus in das Ghetto Lodz deportiert und am 26. Juni 1944 im Vernichtungslager Chelmno (Kulmhof) ermordet.
1946 kehrte Hilde mit ihrem Mann Manfred Wallrath nach Kastellaun zurück, wo sie das ehemalige elterliche Geschäft fortzuführen versuchte. Doch es fiel ihr schwer, in der alten Heimatstadt Fuß zu fassen. Heftige Auseinandersetzungen mit den neuen Besitzern des Hauses, Zusamenstöße mit Nationalsozialisten, die abends antisemitische Lieder vor ihrer Haustüre sangen, ausbleibende Wiedergutmachungsmittel und finanzielle Schwierigkeiten zwangen sie dazu, 1955 Konkurs anzumelden. Sie verzog zunächst nach Simmern, dann nach Koblenz, wo sie verstarb und auf dem jüdischen Friedhof ihre ewige Ruhestätte fand.
Dieser Kleiderbügel war ein Geschenk des Privatsammlers Guido Brachtendorf aus Mörsdorf (Rhein-Hunsrück-Kreis) an den Förderkreis Synagoge Laufersweiler e.V.
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