Fadengläser gehören genauso wie Netzbandgläser zu den traditionellen Dekoren europäischer Glaskunst. Belegt ist, daß Fadengläser seit dem ersten Drittel des 16. Jahrhunderts in Venedig produziert werden. Die Herstellung dieser besonderen Gläser war (wie vieles) ein streng gehütetes Geheimnis. Dennoch
wurde in Hall in Tirol wohl schon um 1540 erstmalig außerhalb Venedigs dieses Glas produziert. Im thüringischen Tambach beauftragte Bernhard von Sachsen-Weimar bereits in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts Italiener mit der Produktion
von venezianischem Glas. Die spezielle Veredelungstechnik wiederum wurde im Thüringer Wald erstmalig am Ende des 17. Jahrhunderts praktiziert. Faden-, Netzband- und auch Millefioriglas kam in den 30er und 40er Jahren des 19. Jahrhunderts in Deutschland und auch in Frankreich wieder in Mode. Fadenglas besteht aus ein- oder mehrfarbigen, oft auch spiralförmig in sich verdrehten Farbglasfäden. Hartmut Bechmann griff für die Herstellung seiner Gefäße auf ein "historisches Motiv" zurück, denn fast erscheinen die drei im Bild nebeneinander stehenden weissen Fadenglasvasen wie Momentaufnahmen aus dem Prozeß der Herstellung eines Fazolettos: Am Anfang steht die "einfache", hohe Stangenvase; ihr folgt eine Vase mit ausschwingendem Rand und schließlich eine Vase (fast schon eine Schale mit hohem Fuß), deren Rand weit aufgeschleudert wurde. Eine farbliche Variation dieses Themas entstand in braunem Netzbandbzw. Fadenglas. Die Herstellung eines solchen aufgeschleuderten Objektes erfordert Erfahrung und Fingerspitzengefühl.
[Text: Günter Schlüter & Antje Vanhoefen]
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