Kalender und Almanache waren bis zum 19. Jh. ein populäres Lektüremedium für breite Bevölkerungsschichten. In Straßburg wurden sogar mehrere dieser Kalender verlegt. Der Rheinische Hinkende Bote erschien bei Ludwig Eck in Straßburg. Wie für die Gattung der Volkskalender üblich, enthält der Rheinische Hinkende Bote einen Kalender nach verschiedenen Zeitrechnungen und so genannte astrologische Praktika (auf Astrologie beruhende Wettervorhersagen und Anweisungen), Termine für Messen und Märkte in der Region, Anekdoten und Erzählungen, Berichte über historische Begebenheiten und politische Neuigkeiten.
Die Ausgabe von 1815 enthält unter anderem eine Auflistung der königlichen Familie von Frankreich und ein Porträt Ludwigs XVIII., König von Frankreich und Navarra.
Viele Inhalte des Rheinischen Hinkenden Boten sowie das Lilienbanner in der Hand der Siegesgöttin Viktoria auf dem Titelblatt verweisen auf die Zugehörigkeit Straßburgs zu Frankreich, der Kalender erschien jedoch auf Deutsch. Obwohl Straßburg 1681 den französischen König als Souverän anerkennen musste, blieb es bis 1789 de facto eine ausländische Provinz und dadurch lange deutschsprachig und kulturell deutsch geprägt.
Der namengebende "Hinkende Bote" ist auf der Titelseite abgebildet. Tatsächlich waren es häufig invalide Soldaten oder ausgediente Handlanger, die versuchten, sich als Kolporteure von Nachrichten und Geschichten oder als Verkäufer von Volkskalendern ein Auskommen zu sichern. Die "hinkenden Boten" wurden in den Kalendern oftmals nicht nur visuell dargestellt, sondern auch textuell, indem sie darin als Erzähler auftreten. Kalender mit "hinkenden Boten" im Titel waren vor allem im südwestdeutschen Raum, der Schweiz und dem Elsass verbreitet. [Johanna Kätzel]
en