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Landesmuseum Württemberg Münzen der Römischen Republik

Münzen der Römischen Republik

Das Münzkabinett des Landesmuseums Württemberg in Stuttgart bewahrt fast 1000 Münzen aus der Zeit der Römischen Republik, die digital nun vollständig publiziert und allen Interessierten zugänglich gemacht werden. Darüber hinaus haben wir diese 54 Münzen ausgewählt, die mit ausführlicheren Texten versehen sind und einen informativen Rundgang durch die Sammlung und die interessante Geschichte des römisch-republikanischen Geldes bilden.

VOM BARREN ZUM GOLDSTÜCK
Am Anfang steht dabei das sogenannte Aes grave, das barrenähnliche Schwergeld aus gegossener Bronze, das ab der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts v. Chr. in Rom hergestellt wurde. Um 211 v. Chr., während des Zweiten Punischen Kriegs, wird ein neues Silbernominal eingeführt, der Denar, der während der folgenden Jahrhunderte die Standardmünze des römischen Staates bleiben sollte. Goldmünzen kommen bis zur Diktatur des C. Iulius Caesar und der 27 v. Chr. mit Augustus beginnenden Kaiserzeit nur vereinzelt vor.

VON DER RES PUBLICA ZUM ALLEINHERRSCHER
Die Münzen der Römischen Republik, und hier natürlich besonders die Denare, bieten interessante und abwechslungsreiche Bildmotive, die sich im Lauf der Zeit von einer allgemein staatlichen Thematik mit Göttern und Symbolen der Republik hin zu einem individuell von den amtierenden Münzmeistern bestimmten Bildprogramm entwickelten, das vor allem der Repräsentation ihrer Familien (gentes) diente. Diese Beamten, meist junge Männer am Beginn ihrer politischen Laufbahn, bildeten ein Dreierkollegium, welches jeweils ein Jahr lang für die Münzemissionen des römischen Staates verantwortlich war. Gegen Ende der Republik waren es dann die Feldherren, welche das von ihnen oder ihren Anhängern geprägte Geld als Medium zur Eigenwerbung nutzten.

Die Münzen wurden nach Michael Crawfords „Roman Republican Coinage“ (London 1974) datiert. Auch wenn die dort angestrebte jahrgenaue Einordnung der an sich undatierten Münzen in manchen Fällen zu unsicheren Ergebnissen führt und stellenweise überholt ist, bleibt das Buch doch das bis heute gültige Standard- und Referenzwerk zum Thema. Für fachliche Unterstützung in Einzelfragen bedanken wir uns bei Dr. Wilhelm Hollstein, Oberkonservator des Münzkabinetts der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden.

[ 54 Objects ]

Semis der Römischen Republik mit Darstellung der Minerva

Götter gehören zu den ersten Motiven, die auf den frühen Bronzemünzen der Römischen Republik zu finden sind. Auf diesem Semis, einem halben As, erkennt man auf der Vorder- sowie spiegelverkehrt auf der Rückseite den Kopf einer behelmten Gottheit, die vermutlich als Minerva, vielleicht auch als Mars anzusprechen ist. Die undeutlichen Gesichtszüge und die grobe Machart des Münzbildes, welches eine nähere Bestimmung des Dargestellten nicht zulässt, ergeben sich aus dem Gussverfahren, das im Gegensatz zur späteren Stempelprägung bei der Herstellung der ersten römischen Geldstücke angewendet wurde. Minerva, die Göttin der Handwerker und der Gelehrten, trägt einen sogenannten korinthischen Helm, den sie sich bis in den Nacken geschoben hat, so dass das Visier auf Stirnhöhe liegt. Die sie begleitende Keule ist wahrscheinlich nur als Münzzeichen zu sehen, durch welches die verschiedenen Emissionen mit gleichem Bildtyp, aber teilweise unterschiedlichem Gewichtsstandard gekennzeichnet sind. [Sonja Hommen]

Denar serratus des C. Sulpicius mit Darstellung der Penaten

Die mythische Vergangenheit des römischen Volkes lieferte zahlreiche Bildmotive für die Münzprägung der republikanischen Zeit. Die sagenhafte Geschichte der italischen Stadt Lavinium zum Beispiel wird auf einem Denar nacherzählt, der in das Amtsjahr des Münzmeisters C. Sulpicius 106 v. Chr. datiert. Die beiden jungen Männer, deren Darstellung sich auf Vorder- und Rückseite der Münze findet und die durch die Umschrift D(ei) P(enates) P(ublici) als Penaten benannt werden, stehen in ihrer menschlichen Form für alte Gottheiten, die das Haus, den inneren privaten Raum einer Familie beschützen und auch in Form bedeutender Gegenstände verehrt werden konnten. Nach dem Untergang Trojas soll der Held Aeneas die Penaten dieser Stadt nach Lavinium auf die italische Halbinsel gebracht haben, was eine Ansiedlung und auch kultisch unterfütterte Verlegung eines Gemeinwesens im Großen und von Haus und Hof im Kleinen umschreibt. Die von den Penaten betrachtete Sau, die auf der Münzrückseite zu sehen ist, symbolisiert als Mutter von 30 Ferkeln den 30 latinische Städte umfassenden Bund, dem Lavinium vorstand. [Sonja Kitzberger]

Denar des Petillius Capitolinus mit Darstellung des kapitolinischen Tempels

Dem Münzmeister Petillius Capitolinus erschien es vielleicht auf Grund seines Namens naheliegend, die Denare seines Amtsjahres 43 v. Chr. mit Darstellungen des kapitolinischen Jupiters und seines Tempels zu bebildern, vielleicht wollte er aber auch auf die Spiele zu Ehren des höchsten Gottes oder auf ein Priesteramt in seiner Familie verweisen. Der bärtige Kopf des Jupiters wird auf der Vorderseite mit der Umschrift CAPITOLINVS gezeigt, Beiname des Münzmeisters wie auch des Göttervaters, dessen Tempel auf dem Kapitolshügel in Rom auf der Rückseite dargestellt ist. Das hier abgebildete Gebäude wurde erst 69 v. Chr. eingeweiht, doch hat man ehrfurchtsvoll die riesigen Ausmaße des alten, inzwischen abgebrannten Vorgängerbaus aus der Frühzeit Roms beibehalten. Auch die Dreiteilung des Innenraumes, entsprechend der Verehrung von Jupiter, seiner Frau Juno und seiner Tochter Minerva, folgt einer vorrömischen Kultpraxis und wird von den drei hängenden Girlanden zwischen den sechs Säulen auch in der Außenansicht kenntlich gemacht. Das Dach zieren im kleinen Münzbild kaum erkennbare Figuren, die als Pferde- und Wagenlenkerskulpturen zu lesen sind, die sich wahrscheinlich auf die hier verehrte Göttertrias beziehen. [Sonja Kitzberger]

Denar des C. Egnatius Maxsumus mit Darstellung der Venus und der Roma

Die Rückseite dieses Denars des Münzmeisters C. Egnatius Maxsumus aus dem Jahr 75 v. Chr. zeigt zwei stehende weibliche Gottheiten, die auf Grund ihrer Attribute als Roma und Venus angesprochen werden können. Links stellt die mit Helm, Speer und Lanze bewaffnete Roma ihren linken Fuß auf einen Wolfsschädel, rechts wird die mit Zepter und Diadem geschmückte Venus von einem kleinen Amor angeflogen. Der vom italischen Volk der Samniten abstammende Münzmeister wollte mit der gleichberechtigten Darstellung der Roma und der Venus, also der Stadtgöttin und der Stammmutter des gesamten römischen Volkes, offenbar die Einigkeit aller Bewohner der italischen Halbinsel verdeutlichen, auf die seit dem Bundesgenossenkrieg das Bürgerrecht der Stadt Rom ausgedehnt worden war. Rätselhaft bleibt dabei die Abbildung von zwei auf je einem Schiffsbug aufgestellten Steuerrudern, die das Münzbild einrahmen und vielleicht mit der damals im Mittelmeer grassierenden Seeräuberplage zu tun haben. Die Vorderseite ziert der Kopf der Freiheitsgöttin Libertas, durch deren prominente Darstellung sich C. Egnatius Maxsumus als politischer Anhänger der volksnahen Popularen zu erkennen gibt. [Sonja Kitzberger]

Beckersche Fälschung eines Aureus des Sextus Pompeius mit Darstellung des Cn....

Seit der Renaissance sind römische Gold- und Silbermünzen beliebte und kostspielige Sammelobjekte, weshalb sie zu allen Zeiten mehr oder weniger geschickt gefälscht wurden. Der berühmteste Münzfälscher des 19. Jahrhunderts war Karl Wilhelm Becker, dessen Imitationen heute den Sammelwert und damit den Kaufpreis römischer Originale teilweise sogar übertreffen. Auch die hier gezeigte Goldmünze wurde nach dem Vorbild eines Aureus des Sextus Pompeius offenbar von Becker gefertigt. Der Sohn des Cn. Magnus Pompeius zeigt die Porträts seines Vaters und seines gleichnamigen Bruders Cn. Pompeius auf der Rückseite dieser Münze, sein eigenes Bild findet sich auf der Vorderseite. Er prägte nicht in Rom als staatlich beauftragter Münzmeister, sondern auf Sizilien in seiner Funktion als PRAEF(ectus) CLAS(sis) ET ORAE MARIT(imae) EX S(enato) C(onsulto), wie er in der Legende genannt wird, also als vom Senat berufener Flottenkommandant. Doch kann dieser offizielle Titel nicht darüber hinwegtäuschen, dass Sextus Pompeius zum Zeitpunkt der Prägung 38 bis 36 v. Chr. eigentlich ein Seeräuber war, der mit Schiffsblockaden und Überfällen das römische Volk traktierte. Das eigentliches Ziel waren dabei seine politischen Gegner in Rom, die sich in die Nachfolge C. Iulius Caesars stellten und an denen er sich für den Mord an seinem Vater Cn. Magnus Pompeius rächen wollte. [Sonja Kitzberger]

Denar des L. Marcius Philippus mit Darstellung einer Reiterstatue

Die Denare aus der Spätzeit der Römischen Republik dienten in zunehmendem Maß der Repräsentation der großen Patrizierfamilien, deren Abkömmlinge ihre Ämterlaufbahn häufig als Münzmeister begannen. Berühmte Vorfahren, für die Allgemeinheit bestimmte Bauprojekte und politische Errungenschaften wurden auf diesen Münzen verewigt, die für eine weite Verbreitung der werbenden Botschaften sorgten. Auch der Münzmeister L. Marcius Philippus nutzte sein Amt, um gleich drei berühmte Mitglieder seiner gens Marcia auf die kleine Bildfläche eines Denars zu bannen: Der mythische römische König Ancus Marcius ist auf der Vorderseite dargestellt, die Rückseite zeigt das Reiterstandbild des Konsuls Q. Marcius Tremulus, der sich Ende des 4. Jahrhunderts v. Chr. als erfolgreicher Feldherr ausgezeichnet hatte. Auf dem Münzbild steht diese Statue auf der von Q. Marcius Rex um 140 v. Chr. erbauten Aqua Marcia, einer Wasserleitung, die bis zum römischen Kapitol führte. Der Stempelschneider hat mit der Kombination dieser beiden Monumente keine realistische Wiedergabe angestrebt, sondern eine möglichst platzsparende Darstellung der größten Verdienste der gens Marcia. [Sonja Kitzberger]

Denar des P. Licinius Nerva mit Darstellung einer Wahlszene

Am Ende des 2. Jahrhunderts v. Chr., vielleicht im Jahr 113 oder 112 v. Chr., veröffentlichte P. Licinius Nerva in seinem Amt als Münzmeister in Rom ein ungewöhnliches Bild auf der Rückseite seiner Denare. Eine detailreiche Szene beschreibt den Ablauf einer Wahl: Das Münzbild zeigt zwei römische Bürger, erkennbar an ihrer Toga, die auf einem Podium ihre Stimmtafeln entgegennehmen und, nach entsprechender Markierung, anschließend in einen dafür vorgesehenen Behälter einwerfen. Besonderen Wert legte der Stempelschneider auf die Darstellung der erhöhten Plattform und der durch horizontale Striche angedeuteten Abgrenzungen, durch die eine geheime Stimmabgabe ermöglicht wurde. Ein solche Vorrichtungen vorschreibendes Gesetz hatte 119 v. Chr. vermutlich Marius eingebracht, der als sogenannter Popular für die Rechte der einfachen Bevölkerung eintrat und zu dessen Anhängern der Münzmeister offenbar gehörte. Auf diese Weise sollte eine direkte Manipulation der Wahlen durch einflussreiche Patrizier verhindert werden, von denen nicht wenige Bürger finanziell und politisch abhängig waren. [Sonja Kitzberger]

Denar des M. Iunius Brutus mit Darstellung des L. Iunius Brutus

Mit diesem Denar des Jahres 54 v. Chr. vereinen sich der Anfang und das Ende der Römischen Republik in einem kleinen Silberstück: Verantwortlich für die Prägung war der 31jährige M. Iunius Brutus Caepio in seinem ersten politischen Amt als Münzmeister. Gegen den damals für republikanische Verhältnisse etwas zu ehrgeizigen und erfolgreichen Pompeius richtet sich das Bildprogramm der Münze, die auf der Rückseite den ersten Konsul aus dem Jahr 509 v. Chr. zeigt. L. Iunius Brutus, der den letzten König aus Rom vertrieb und die Republik begründete, wird hier nicht als heroische Einzelperson dargestellt, sondern pflichtbewusst und würdig zwischen zwei Liktoren hinter einem Amtsdiener schreitend. Der Kopf der Libertas, der Göttin der Freiheit, auf der Münzvorderseite bezieht sich auf die Befreiung des Volkes von der tyrannischen Herrschaft eines Einzelnen, wie es L. Iunius Brutus vorgemacht hatte. Sein Nachkomme, M. Iunius Brutus Caepio, sollte zehn Jahre nach Prägung dieses Denars als Caesarmörder in die Geschichte eingehen. Doch auch diese Tat konnte das nahe Ende der Republik nicht mehr aufhalten, das mit dem Aufstieg von Caesars Adoptivsohn zum Kaiser Augustus besiegelt wurde. [Sonja Kitzberger]

Denar der Römischen Republik mit Darstellung eines Gladiatorenkampfes

Ein Zweikampf mit unterschiedlichen Waffen, wie er auf diesem Denar des Münzmeisters T. Didius abgebildet ist, wird selbst von heutigen Betrachtern schnell als Gladiatorenduell gedeutet: Beide Kontrahenten sind mit einem Schild und einer Art Schwertscheide ausgestattet, der rechte Kämpfer schwingt eine Peitsche über dem Kopf, der linke hält einen Stock oder ein Schwert zum Schlag bereit. Allerdings war der staatlich organisierte Gladiatorenkampf in der Arena zur Belustigung der Massen zur Zeit dieser Prägung, die vermutlich um 112 oder 113 v. Chr. anzusetzen ist, in Rom noch nicht bekannt. Stattdessen wurden solche Zweikämpfe anlässlich der Bestattung bedeutender Bürger oder bei den Triumphzügen siegreicher Feldherrn aufgeführt, wobei nicht selten Kriegsgefangene antreten mussten. Auch bezahlte Kämpfer, die mit der Bewaffnung und Rüstung römischer Soldaten oder aber feindlicher Völker versehen waren, stellten auf diese Weise die Tapferkeit und Stärke der so geehrten Persönlichkeiten zur Schau. Die konkrete Verbindung zur Familie des Münzmeisters lässt sich nicht eindeutig rekonstruieren. [Sonja Kitzberger]

Denar des P. Fonteius Capito mit Darstellung der Villa Publica

Häufig sind die Darstellungen von öffentlichen Gebäuden und Tempeln auf römischen Münzen die einzigen Quellen, die heute zur Rekonstruktion der inzwischen verschwundenen Bauten des antiken Rom zur Verfügung stehen. Auch die sogenannte Villa Publica auf dem Marsfeld vor den Toren der Stadt, die auf der Rückseite dieses Denars von P. Fonteius Capito abgebildet ist und die vor allem in der Zeit der Römischen Republik als Gästehaus, Magistrats- und Militärgebäude von Bedeutung war, muss in ihrer genauen Lage und ihren Dimensionen vorerst unbekannt bleiben. Doch gibt das Münzbild einen Hinweis darauf, dass hier ein zweistöckiger Bau mit Säulenstellung zu rekonstruieren ist. Architektonische Darstellungen auf antiken Münzen sind allerdings nicht als genaue Bauzeichnungen anzusehen, sondern als eigenständige Kunstwerke, bei denen mit Proportionen, Ansichten und Details experimentiert wurde, wie das Beispiel der Villa Publica mit dem in der Zentralperspektive etwas klein geratenen Obergeschoss zeigt. [Sonja Kitzberger]

Denar des C. Licinius Macer mit Darstellung der Minerva in einer Quadriga

Ein von vier galoppierenden Pferden gezogener Wagen trägt die mit Helm, Schild und Speer ausgerüstete Kriegsgöttin Minerva in die Schlacht: Die Szene, die C. Licinius Macer als Münzmeister im Jahr 84 v. Chr. auf die Rückseite der von ihm ausgegebenen Denare prägen ließ, erinnert sehr an Darstellungen der griechischen Athena, wie sie von damals schon jahrhundertealten Vasenbildern oder Baureliefs bekannt waren. Die gute Erhaltung dieser Münze erlaubt es sogar, den besonderen, aus einem Ziegenfell bestehenden Brustpanzer der Göttin, die sogenannte Aegis, zu erkennen. Auf der Vorderseite zeigt sich ein auf den ersten Blick ebenso griechisch beeinflusstes Motiv, nämlich der Kopf des jugendlichen Gottes Apoll, wenn nicht das zum Wurf bereite Blitzbündel in seiner Hand gegen eine solche Deutung sprechen würde. Möglicherweise sollte hier der altrömische Gott Veiovis erkannt werden, der als eine Variante des Blitze schleudernden Zeus gesehen wurde. In jedem Fall sind komplexere Aussagen der Münzbilder, die mit der Tätigkeit des C. Licinius Macer als Politiker und Geschichtsschreiber in Verbindung stehen, vorstellbar, aber schwer zu rekonstruieren. [Sonja Kitzberger]

Denar des L. Cassius Longinus mit Darstellung einer Stimmabgabe

Die Göttin Vesta, die mit verschleiertem Haar auf der Vorderseite dieses Denars des Münzmeisters L. Cassius Longinus dargestellt ist, war als Hüterin des Herdfeuers von großer Bedeutung für die Stadt Rom. Die in alten Zeiten überlebenswichtige Aufgabe, im privaten Haushalt ein Wärme und Nahrung spendendes Feuer am Leben zu halten, wurde mit dieser Gottheit auf das römische Gemeinwesen übertragen und im Tempel der Vesta auf dem Forum als heiligste Handlung praktiziert, von deren Einhaltung durch jungfräuliche Priesterinnen das Wohl des Staates abhing. Kein Wunder also, dass das Volk von Rom unerbittlich darauf reagierte, wenn gegen die Kultregeln verstoßen wurde. Im Jahr 113 v. Chr. musste ein Sondergericht einberufen werden, um einen nach der öffentlichen Meinung zu milde geführten Prozess gegen drei abtrünnige Vestalinnen zu wiederholen. Als Richter wurde der für seine Strenge bekannte L. Cassius Longinus Ravilla, Urgroßvater des Münzmeisters, vorgeschlagen und gewählt. Diese Abstimmung zeigt wahrscheinlich die Münzrückseite mit der Darstellung eines römischen Bürgers in einer Toga, der in einen Weidenkorb ein Täfelchen wirft, auf dem V(ti rogas), „wie du vorschlägst“, vermerkt ist. Der alte Cassius verurteilte die Frauen zum Tode, sein Urenkel münzte dessen Staatstreue und vor allem das Vertrauen, das die Bevölkerung ihm entgegenbrachte, in Werbung für sich und seine gens um. [Sonja Kitzberger]

Denar des Q. Cassius Longinus mit Darstellung des Vesta-Tempels

Die Münzprägung während der Römischen Republik lag in den Händen eines jährlich neu zu bestimmenden Dreierkollegiums, dessen Mitglieder es sich nicht nehmen ließen, ihre Namen und im 1. Jahrhundert v. Chr. auch zunehmend ihre Familiengeschichten auf den von ihnen ausgegebenen Münzen zu verewigen. Einer der Münzmeister des Jahres 55 v. Chr., Q. Cassius Longinus, verweist mit diesem für den heutigen Betrachter etwas rätselhaft bebilderten Denar auf die Errungenschaften seines Vorfahren L. Cassius Longinus Ravilla. Auf der Rückseite sieht man eine wahrscheinlich nicht auf Wirklichkeitstreue abzielende Darstellung des runden Vesta-Tempels, zwischen dessen Säulen der Amtsstuhl eines römischen Magistraten steht: Hier wird auf einen berühmten Vestalinnen-Prozess im Jahr 113 v. Chr. angespielt, bei dem der Ahnherr des Münzmeisters als Richter fungierte. Die links vom Gebäude abgebildete Wahlurne sowie das Täfelchen rechts davon mit den Buchstaben A(bsolvo) C(ondemno) verweisen auf ein von L. Cassius Longinus Ravilla 137 v. Chr. als Volkstribun eingebrachtes Gesetz, das die geheime Stimmabgabe bei Volksversammlungen garantierte. Die auf diese Weise geschützte Rechtssicherheit und Unabhängigkeit des römischen Bürgers erklärt die Darstellung der Libertas, der Personifikation der Freiheit, auf der Münzvorderseite. [Sonja Kitzberger]

Denar des L. Cassius Longinus mit Darstellung des Liber und der Libera

Die Münzprägung der Römischen Republik wird vor allem von den großen Namen und Taten der alten Adelsfamilien bestimmt, doch besonders während der 70er Jahre v. Chr. besetzten die sogenannten Popularen das Münzmeisteramt, das sie zur Verbreitung ihrer politischen Botschaften im Sinne der römischen plebs, also der einfachen Bevölkerung, zu nutzen wussten. Auch wenn die meisten Prägebeamten aus dieser Zeit demzufolge eher unbekannte Familiennamen trugen, lässt sich das von L. Cassius Longinus nicht behaupten: Der plebejischen gens Cassia hatte das römische Volk neben bedeutenden Gesetzen auch den Bau einer der ältesten Tempel der Republik zu verdanken. Das Heiligtum für Ceres, Liber und Libera wurde 493 v. Chr. in der Nähe des Aventin gebaut und galt als wichtiges kultisches Zentrum der plebs, an dem auch Getreideverteilungen stattfanden. Die schönen Köpfe auf diesem Denar stellen den Fruchtbarkeitsgott Liber mit Pflanzenstab und einer Efeuranke auf der Münzvorderseite, seine Schwester Libera mit Weinblättern und Trauben im Haar auf der Rückseite dar. Die beiden Gottheiten symbolisieren zusammen mit ihrer Mutter Ceres die grundsätzlichen Rechte auch des einfachsten Bürgers der Stadt Rom auf politische Freiheit und eine gesicherte Nahrungsmittelversorgung. [Sonja Kitzberger]

Denar des T. Carisius mit Darstellung von Münzprägewerkzeug

Die Legende MON(eta) beschreibt den weiblichen Kopf auf der Vorderseite eines Denars des Münzmeisters T. Carisius als das Bild der Iuno, die mit diesem Beinamen auf dem Kapitolshügel in Rom als mahnende und die Erinnerung bewahrende Gottheit verehrt wurde. Ihr Heiligtum diente nicht nur zur Aufbewahrung historischer Dokumente der Stadt, sondern auch als staatliche Münzprägestätte, wobei der Name der Schutzgöttin Iuno Moneta schließlich zum Synonym für das hier gefertigte Geld wurde. In diesem Zusammenhang sind auch die auf der Denarrückseite dargestellten Werkzeuge zu verstehen, die sicher mit dem Vorgang der Münzprägung zu tun haben: Auf einen Amboss mit dem Unterstempel wird mit einer Zange ein weicher Metallschrötling eingelegt, der dann von einem Hammer mit dem Oberstempel geprägt und in den unteren Stempel hineingedrückt wird. Über dem Amboss zeigt der Denar des T. Carisius die mit einer Girlande verzierte Mütze des römischen Schmiedegottes Vulcanus. Der hier das Werkzeug umrahmende Lorbeerkranz bezieht sich vermutlich auf die Ereignisse des Prägejahres 46 v. Chr., nämlich die kostspielige Feier anlässlich des vierfachen Triumphs C. Iulius Caesars, zu deren Vorbereitung die Münzstätte und ihre Beamten besonders viel Geld produzieren mussten. [Sonja Kitzberger]

Sextans der Römischen Republik mit Darstellung einer Muschel und eines Caduceus

Die römische Bronzewährung vereinte in ihren Anfängen um 280 v. Chr. Einflüsse der in Süditalien kursierenden griechischen Münzen und den im norditalischen Raum als Zahlungsmittel verbreiteten Bronzebarren. Dieses schwere Geld, das sogenannte aes grave, richtete sich im Gewicht nach dem römischen Pfund. Die beiden Kugeln auf Vorder- und Rückseite des hier abgebildeten Sextans beschreiben den Wert dieser Münze zu zwei Unzen, entsprechend einem Sechstel Pfund, also etwa 55 Gramm. Form und Bildmotive des frühen Geldes waren der griechischen Münzprägung entlehnt, wobei die kleineren Nominale mit eher zufällig ausgewählten Motiven versehen wurden. Auf diesem Sextans befindet sich eine Muschel auf der Vorderseite sowie ein dem Gott Merkur zugeordneter Heroldsstab auf der Rückseite. [Sonja Kitzberger]

Denar des Q. Pomponius Musa mit Darstellung der Muse Thalia

Das Amt des Münzmeisters, das auf ein Jahr und drei Kollegen beschränkt war und am Beginn der römischen Ämterlaufbahn zur Zeit der Republik stand, gab jungen Politikern die Gelegenheit, ihren Namen im Volk bekannt zu machen und für die Zukunft zu empfehlen. Auf besonders aufwändige Weise nutzte Q. Pomponius Musa die Denare des Jahres 66 v. Chr. als Werbemedium, indem er den römischen Bürgern seinen Beinamen in Form einer ganzen Münzserie einprägte: Die neun Musen werden jeweils einzeln mit ihren typischen Attributen auf neun verschiedenen Rückseitenbildern gezeigt, während auf der Münzvorderseite der Kopf des Apollon als Gott der Künste und Begleiter der Musen erscheint. Auf diesem Denar ist Thalia, die Muse der Komödie, zu sehen, die eine komische Maske mit lachendem Mund in der rechten Hand hält. [Sonja Kitzberger]

Semis der Römischen Republik mit Darstellung des Saturn und einer Prora

Der Tempel des Gottes Saturn auf dem Forum in Rom diente als Schatzkammer des Staates, als Aerarium. In dieser Bezeichnung steckt das lateinische Wort für Bronze, aes, und vielleicht befand sich auch das Material dieser Münze einst in Form eines Bronzebarrens unter dem Schutz des Saturn, bevor es zu einem Zahlungsmittel mit der Abbildung des Gottes wurde. Dieser Semis, also ein halbes As, ist mit 16 Gramm auffällig leicht und besitzt nur noch ungefähr ein Zehntel des zu Beginn der Münzprägung üblichen Gewichts von einem halben römischen Pfund. Deshalb ist eine späte Datierung in die Jahre nach 211 v. Chr. wahrscheinlich, als der Krieg gegen den Punier Hannibal die Bronzereserven des Staates soweit aufgezehrt hatte, dass eine kontinuierliche Gewichtsreduzierung der Münzen nötig wurde und außerdem ein neues Silbernominal, der Denar, eingeführt werden musste. Der auf der Rückseite dargestellte Schiffsbug war das während des Krieges etablierte Standardmotiv für römisches Bronzegeld. [Sonja Kitzberger]

As der Römischen Republik mit Darstellung des Ianus und einer Prora

Der doppelköpfige Gott Ianus blickt in zwei Richtungen, nach West und nach Ost, nach drinnen und nach draußen, und eignet sich deshalb besonders gut als Wächter von Türen und Stadttoren. Schon in der Frühzeit Roms, als vor der Einführung der Republik Könige herrschten, wussten die Bewohner der Stadt den Schutz und die Wachsamkeit des Gottes zu schätzen, und während der auf die Republik folgenden Kaiserzeit spielte der Ianus-Tempel besonders in Kriegszeiten eine wichtige Rolle. Das griechische Pantheon kannte kein Gegenstück zu diesem sehr römischen Gott. Aus diesen Gründen verwundert es nicht, wenn Ianus ab ungefähr 225 v. Chr. regelmäßig auf der Vorderseite der Asse abgebildet wurde, den Basismünzen der republikanischen Bronzewährung. Auf dem hier gezeigten As, welcher auf Grund seines geringen Gewichts in die Zeit von 211 bis 208 v. Chr. datiert werden kann, ist der bärtige Doppelkopf des Gottes sehr gut zu erkennen, obwohl solche Münzen bis in die Kaiserzeit in Umlauf waren und häufig stark abgegriffen sind. Auf dem Schiffsbug, der auf der Rückseite abgebildet ist, sind sogar noch Einzelheiten, wie zwei römische Soldaten an Deck, zu sehen. [Sonja Kitzberger]

Uncia der Römischen Republik mit Darstellung der Roma und einer Prora

Seit die Uncia, das kleinste römische Bronzenominal, ab ungefähr 225 v. Chr. nicht mehr im Gussverfahren hergestellt, sondern mit Stempeln geprägt wurde, erscheint auf der Vorderseite der Münze der Kopf einer weiblichen Gottheit mit Helm, wahrscheinlich ein Bild der Roma. Im selben Zeitraum wird auch die Prora, also ein Schiffsbug, als Rückseitenmotiv für alle republikanischen Bronzemünzen eingeführt. Auf dieser Münze befindet sich über der Prora außer der Legende ROMA noch eine große Getreideähre, die einen Hinweis auf Sizilien als Münzstätte gibt. Für die bevölkerungsreiche Stadt Rom war die fruchtbare Insel während der Zeit der Republik eine lebenswichtige Kornkammer, und wäre die Prora durch den unter dem Wasserspiegel liegenden Rammsporn nicht eindeutig als Teil einer Kriegsgaleere zu erkennen, könnte man bei dieser Abbildung auch an ein mit Getreide beladenes, römisches Transportschiff denken. Die einzelne Kugel im Bildfeld von Vorder- und Rückseite ist als Wertzeichen zu lesen, das hier die niedrigste Münzeinheit anzeigt. [Sonja Kitzberger]

Triens der Römischen Republik mit Darstellung der Minerva und einer Prora

Minerva, die Göttin des Gewerbes und des Handwerks, wird auf dem römischen Triens abgebildet, einer Bronzemünze im Wert von einem Drittel As. Die vier Kugeln über dem zurückgeschobenen Visier ihres Helmes, die sich auf der Münzrückseite unter dem Bildmotiv wiederholen, geben den Wert von vier Unzen an, wobei 12 Unzen ein As ergeben. Die Prora, das Vorderteil eines Kriegsschiffes, ziert nach Einführung der Stempelprägung regelmäßig die Rückseite der Bronzemünzen der Römischen Republik, doch Minerva auf der Vorderseite zeigt sich nur auf diesem Nominal und wird dabei neben den Wertzeichen zum augenfälligen Erkennungsmerkmal des Triens. Das Bild der Göttin unterscheidet sich von dem der ihr im Erscheinungsbild ähnlichen Roma, die auf Unzen dargestellt wird, durch die Form des Helmes: Der als korinthisch bezeichnete Helmtyp der Minerva verdeutlicht die stark griechische Prägung der eng mit Athena verwandten Gottheit. [Sonja Kitzberger]

Semiuncia der Römischen Republik mit Darstellung des Merkur und einer Prora

Ein sehr kleines Bronzenominal aus der Zeit der Römischen Republik ist diese Semiuncia, eine halbe Unze oder auch der 24. Teil eines Asses. Die Münze wiegt nur 6,5 Gramm und kann daher in die Jahre 217 bis 215 v. Chr. datiert werden, als der Standardwert der Münzeinheit As auf ungefähr 130 Gramm festgelegt war. Die Bildmotive, also der Kopf des Gottes Merkur auf der Vorder- und der Bug einer römischen Galeere auf der Rückseite, wurden auf einen weichen Metallschrötling gestempelt, der wiederum gegossen worden war. Ein kleiner Zapfen an diesem Stück erinnert an die Öffnung in der Gussform, durch die man die flüssige Bronze eingefüllt hatte, wobei mittels kleiner Verbindungskanäle zwischen den runden Hohlräumen einer Form mehrere Schrötlinge bei einem einzigen Gussvorgang hergestellt werden konnten. Die Semiunciae tragen das Bild des für den Handel zuständigen Gottes Merkur. [Sonja Kitzberger]

Sextans der Römischen Republik mit Darstellung der Wölfin und eines Adlers

Aus den ersten Jahren des 2. Punischen Krieges, zwischen 217 und 215 v. Chr., stammt diese Bronzemünze, deren typisch römische Bildmotive sicher nicht zufällig ausgewählt wurden. Auf der Vorderseite wird eine Szene aus dem Gründungsmythos der Stadt Rom gezeigt: Eine Wölfin säugt die Zwillinge Romulus und Remus am Ort der späteren Weltstadt. Der Adler auf der Münzrückseite, der eine Blume im Schnabel hält, soll hier vielleicht einen der Vögel darstellen, die der Sage nach zur Versorgung der späteren Gründerväter Nahrung herbeitrugen. Die patriotischen Motive passen zu den damaligen Ereignissen: Der karthagische Feldherr Hannibal stürmte die italische Halbinsel und fügte den Streitkräften Roms und seiner Verbündeten deutliche Niederlagen zu, welche den römischen Staat neben dem Leben seiner Soldaten auch viel Geld kosteten. Aus diesem Grund musste das Gewicht der Bronzenominale immer weiter verringert werden, bei diesem Sextans bis auf die Hälfte der ursprünglichen Grundeinheit von einem römischen Pfund. [Sonja Kitzberger]

Sextans der Römischen Republik mit Darstellung des Merkur und einer Prora

Die ersten Bronzemünzen der Römischen Republik waren nach Größe, Gewicht und Herstellungsverfahren eher barrenähnlich: Der As, nach dem sich alle anderen Nominale richteten, wog über 300 Gramm, und die groben Bildmotive bestanden aus einem gegossenen Relief. Während des Zweiten Punischen Krieges sah sich der römische Staat gezwungen, das Gewicht seiner Bronzemünzen drastisch zu verringern, um 217 v. Chr. zunächst auf den sogenannten semilibralen Standard, also um die Hälfte. Dies hatte zur Folge, dass die Bildmotive der kleineren Nominale, wie bei dem hier gezeigten Sechstel As oder Zwei-Unzen-Stück, von nun an mit Stempeln aufgeprägt wurden, was bei der geringeren Größe und dem leichteren Gewicht des Schrötlings sicher praktikabler war. Der Kopf des Gottes Merkur auf der Vorder- und der Schiffsbug auf der Rückseite konnten jetzt sehr viel feiner dargestellt werden, wofür die kleinen Wellen unter dem Kiel ein Beispiel geben. [Sonja Kitzberger]

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